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Der Schmerz der anderen

Lesezeit: < 1 Minute

Zu viel

Manchmal wird es mir zu viel, wenn ich mir den Schmerz und das Leid anderer anhöre. Ihre Dunkelheit liegt dann auch auf meiner Seele. Dabei ist es in meinem Leben gerade nicht dunkel. Und ich möchte meine Zeit nicht im Dunkeln verbringen.

Ihr Schmerz wird auch mein Schmerz. Ihre Sorgen sind auch meine Sorgen. Aber habe ich nicht genug eigene Sorgen? Warum beschwere ich mein Leben mit den Themen anderer? Warum lasse ich den Schmerz der anderen in mein Leben?

Mensch-sein

Und dann merke ich wieder: Das ist Mensch-sein. Das ist Mitgefühl. Wir Menschen sind empathische Wesen. Sich um andere zu sorgen, macht das Mensch-sein aus.

Ich habe vor längerem einen Tweet einer Anthropologie Professorin gelesen. Sie hat Studierende gefragt, was wohl ihre frühesten Funde waren, an der sie Zivilisation erkannt hat. Die Studierenden vermuteten Gefäße oder Werkzeuge. Aber ihre Antwort war: Es war ein verheilter Femur (Oberschenkelknochen). Zivilisation beginnt dort, wo Schwächere nicht ihrem Schicksal überlassen werden, wie im Tierreich. Ohne die Fürsorge anderer Menschen hätte der langwierige Heilungsprozess, der notwendig ist, nicht stattfinden können.

Froh

Und dann macht es mich froh, dass ich den Schmerz anderer Menschen spüre, dass ich mir Sorgen mache, obwohl sie andere betreffen. Da sein, zuhören. Wenn es gewünscht wird, einen Rat geben oder eine Idee beisteuern. Das kann ich machen. Mehr kann ich oft nicht helfen, wenn andere im Dunkeln sind.

Zulassen

Mensch sein. Das gilt es zuzulassen, auch wenn es wehtut. Die Schwachen sehen und nicht das Recht des Stärkeren feiern, wie es scheinbar wieder in Mode zu kommen scheint. Ohne mich!

Bist du dabei?

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Allein, Mann, Sonnenuntergang @ T_usher (CC-0)

4 Kommentare

  1. Friedhelm

    Liebe Anne,
    ich finde deine Texte klar hilfreich und inspirierend. Auch deine Ausdrucksweise gefällt mir. Vieles bewegt mich selbst und kann es gut nachvollziehen. Danke für dein Mitteilen und ermutigen weiter zu denken und zu leben.
    Friedhelm

  2. Anne

    Meines Erachtens sehen viele Menschen erst dann das Leid der anderen, , wenn sie selbst gelitten haben.
    So kann sich m.E. Mitgefühl entwickeln und folgedessen auch, dass sie selbst zumindest kein Leid mehr verursachen.
    An dem Punkt „sich um andere sorgen“, da stehe ich jetzt.
    Habe ich das doch ein Leben lang gemacht und fühlte mich so oft als hilflose Helferin.
    Nun geht es mir so, dass ich selbst für mich sorgen muss, und dass es wichtig ist, den Punkt zu erkennen, wo es darum geht, zuerst an sich selbst zu denken.
    Ich kann ja nur geben, wenn ich selbst was habe.
    Und sich mit gutem Gewissen sich selbst zuwenden, in der Gewissheit, wenn ich nicht helfen kann, helfen andere.
    Dieses Vertrauen zu entwickeln, das ist jetzt für mich wichtig.
    Anne

    • Anne Poger

      Liebe Anne,
      danke für deine offenen Worte hier. Die Sorge um andere macht unser Herz oft schwer. Und doch ist es das, was uns als Mensch ausmacht. Ich möchte gar nicht priorisieren, was wichtiger ist: der Kontakt zu sich oder zu anderen. Es ist beides die selber Münze mit zwei Seiten. Im Kontakt mit anderen erfahre ich mich. Aber es braucht Zeiten, zur Ruhe zu kommen. Gerade jetzt am Jahresende spüre ich das selber. Und gleichzeitig weiß ich: im Geben nähre ich mein Herz. Die tiefe Kraft, die uns alle antreibt, ist die Liebe. Und die erlebe ich im Kontakt mit anderen intensiver.
      Danke für den Austausch hier.
      Herzliche Grüße
      Anne

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