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Immer wieder Geben und Nehmen

Lesezeit: 3 Minuten

Warum?

Warum mache ich mir selber immer wieder so einen Stress? Momentan erlebe ich erneut eine Zeit, in der ich nicht weiß, wo mir der Kopf steht, weil ich so viel zu tun habe. Letzte Woche habe ich an einem Tag alles, was ich in den nächsten Tagen erledigen und vorbereiten musste auf ein großes Whiteboard geschrieben, um nichts zu vergessen. Was muss bis wann fertig sein? Wie lange brauche ich ungefähr dafür? Jetzt, während ich den Artikel schreibe, stecke ich noch bis über beide Ohren im weg arbeiten und erledigen der vielen Aufgaben.

Meine Grenzen

Ich kenne diese Zeiten sehr gut. Und ich kenne auch die Gefühle, die damit einhergehen. Ich fühle mich überfordert. Mich plagt die Sorge, dass ich es nicht schaffe. Ich habe Angst, zu versagen.

Und doch kreiere ich selber immer wieder solche Situationen. Ich fange nicht früh genug an. Ich lade mir mehr auf, als zu schaffen ist. Ich bin nicht bereit, Zugesagtes abzusagen. Jedes einzelne Thema ist mir wichtig und bereitet mir Freude. Und doch ist es in der Summe zu viel, sodass ich an meine Grenze komme.

Fragen

Die Frage, warum ich selber diese Situationen herbeiführe, beschäftigt mich in den Zeiten immer wieder. Aber die Frage nach dem Warum? führt zu keiner Antwort. „Warum“ hadert mit dem, was schon da ist.

Viel spannender sind die Fragen: Was treibt mich an? Was erlebe ich dadurch? Was verpasse ich dadurch?

Was treibt mich an?

Die Antwort auf die Frage kenne ich schon länger. Bei einem Meditationsabend vor einigen Jahren stellte mein Meditationslehrer Peter die Frage „wovor kniest du?“. Das war ein Satz aus der Serie Messiah, die zu der Zeit auf Netflix lief. Die Antwort kam mir zwar nicht sofort, aber mir wurde klar: Ich knie vor der Leistung.

Leisten zu wollen, ist mein größter Antreiber. Es ist Teil meiner Sozialisierung und Erziehung, dass gute Leistung belohnt wurde. Bei guten Schulnoten bekam ich Aufmerksamkeit und Lob von meinen Eltern. Durch Leistung wollte ich beweisen, dass liebenswert bin. Auch wenn ich das erkannt und für mich durchschaut habe, habe ich es nicht abgeschüttelt. Das ist Teil von mir.

Was erlebe ich dadurch?

Ich hab zwei sehr spannende Jobs, mit Mut-zur-Stille lebe ich meinen Herzenstraum, meine Meditationsabende berühren mein Herz und nähren meine Seele. Zusätzlich gibt es immer noch weitere Projekte und Herausforderungen.

Ich erlebe in diesen Zeiten das Gefühl von Überforderung. Und an mir zerrt der Hader, dass ich es immer noch nicht gelernt habe und schon wieder in so einer Phase stecke. Ich darf meine eigenen Grenzen erfahren. Auch wenn ich diese selber immer wieder zu überschreiten scheine, spüre ich mich dabei. Ich spüre meine Kraft. Meine Energie und Kreativität können fließen.

Durch die vielen Aufgaben und Projekte lerne ich Neues. Ich darf mich immer wieder auf neue Menschen einlassen und werde berührt. Ich begegne Herausforderungen, vor denen ich Respekt habe, und zugleich Vorfreude erlebe. Und wenn ich zurück schaue, bin ich erstaunt, was ich alles geschafft habe.

Was verpasse ich dadurch?

Alles hat zwei Seiten. Ja, ich erlebe meine Kraft und Energie. Und gleichzeitig mache ich mir Druck, das alles zu schaffen. Ich verpasse Zeiten der Entspannung und Muße. Meine Erholung kommt zu kurz und ich habe kaum Zeit für Freunde oder Familie. Durch den Hader mit meinen Entscheidungen der Vergangenheit, die mich in die jetzige Situation gebracht haben, verpasse ich in Frieden mit mir selber zu sein. Ich ärgere mich über mich selber und fühle mich so von mir getrennt.

Gleichzeitig

Und doch weiß ich: Das bin ich. Das gehört zu mir. Und ich weiß zugleich, ich brauche nicht so zu bleiben. Ich muss nicht immer so handeln. Ich bin liebenswert, auch wenn ich nicht leiste. Ich bin okay, auch wenn ich gerade nicht fleißig bin.

Beim Schreiben des Artikels reflektiere ich meinen aktuellen Hader. Ich erlebe mein Ja zu mir: so bin ich. Und gleichzeitig spüre ich wieder, dass es ist wichtig ist, dass ich zur Ruhe komme, mich erhole. Meine Sehnsucht wächst, Zeit mit Freunden und der Familie zu verbringen. Und in mir steigt die Gewissheit auf, dass beides gleichzeitig sein darf. Das scheint ein Widerspruch zu sein. Und doch entlastet es mich davon, anders sein zu müssen.

Wellen

Das Leben geschieht in Wellen. Manchmal ist das Leben voll und schnell. Und dann gibt es wieder Zeiten des Innehaltens und der Einkehr. Der Wechsel vom Sommer in den Herbst, zum Winter hin, erfüllt mich stets mit Traurigkeit. Mir fehlt die Fülle und Leichtigkeit des Sommers. Innehalten fällt mir nicht leicht und doch kann ich vom Lauf der Jahreszeiten für mich viel lernen. Es braucht Zeiten des Schaffens und Zeiten der Einkehr. Beides ist wichtig.

Im Moment ist wieder eine Phase, in der mein Lebensfluss schnell fließt. Vielleicht gibt es gerade sogar ein paar Stromschnellen. Aber es werden auch wieder Zeiten kommen, in denen das Wasser ruhiger fließt. Beides darf sein. Beides gehört zu mir: geben und nehmen. Das Leben braucht beide Qualitäten.

 

Welche Qualität zeigt sich in deinem Leben gerade stärker, das Geben oder das Nehmen?
Wie gelingt es dir, beides in das für dich angemessene Gleichgewicht zu bringen?

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Brunnen, Wasser, Fließen © Tama66 (pixabay CC-0)

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