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Von der Freude und von der Disziplin

Lesezeit: 4 Minuten

Berührt und sprachlos

Hoppala, denkt vielleicht der oder die eine oder andere. Da ist ja doch ein neuer Artikel von Mut-zur-Stille am Montagmorgen. Wer meinen Artikel letzte Woche gelesen hat, erinnert sich vielleicht, dass ich gerade nicht sicher bin, wie es mit Mut-zur-Stille und meinem regelmäßigen Blog weiter gehen soll. Die Reaktionen auf den letzten Artikel haben mich überwältigt. Ich war so berührt, z.T. sprachlos und einfach nur dankbar.

Freude

Und nun, eine Woche später, sitze ich Sonntagabend doch wieder am Laptop und schreibe einen Artikel. Ich schreibe, weil ich Lust darauf habe. Ich schreibe, weil ich das Gefühl mag, wie die Worte aus meinem Herzen über meine Finger auf das leere Blatt fließen (also im übertragenen Sinn, ich schreibe die Texte natürlich am Computer). Und diese Freude ist es, die für mich Mut-zur-Stille immer ausgemacht hat. Die Freude, etwas zu von mir zu geben. Und die Hoffnung und das Wissen, dass meine Worte vielleicht für jemanden genau der Impuls sind, den jemand heute gebrauchen kann.

Wie wichtig

Dass ich mit meinen Gedanken, Gefühlen und meinem Blick auf das, was mir begegnet, Menschen berühre und ihnen damit einen neuen Blickwinkel ermögliche, hat mich immer angetrieben. Mein Herz hat vor Freude gehüpft, als ich letzte Woche gelesen habe, dass meine Texte für euch sehr wichtig und z. T. regelmäßige Begleiter für den Start in die Woche waren. Und gleichzeitig war ich traurig, denn ich weiß nicht, ob für mich diese Regelmäßigkeit noch passt.

Disziplin

Um mein Versprechen, dass mich mit dem Start von Mut-zur-Stille mir selber gegeben habe, einzuhalten, war oft auch Disziplin nötig. Mir fällt vieles ein, was ich Sonntagabend Schönes machen könnte. Ohne meine Disziplin hätte ich niemals über 200 Artikel geschrieben. Sie ist mir ein treuer Begleiter.

In Kombination mit meinem inneren Antreiber entsteht jedoch für mich auch immer Druck. Dieser Druck kommt aus mir selber. Meine Glaubenssätze wie „du bist nicht gut genug“ oder „du musst leisten, damit du geliebt wirst“ waren in diesem inneren Gezerre an mir und meiner Kraft auch nicht gerade hilfreich.

Nicht gut genug

Vor einigen Monaten habe ich ein berufliches Coaching machen können. Auch da ging es um meinen Perfektionismus und meinen Wunsch, alles immer 100 % gut und richtig zu machen. Ich verdanke diesem inneren Antrieb auf der einen Seite sehr viel. Ohne ihn hätte ich beruflich nicht das erreicht, was ich erreicht habe. Ich wäre wahrscheinlich nie in der Lage gewesen, 10 km am Stück zu joggen (ja, das konnte ich mal) und ich hätte es nicht fast fünf Jahre geschafft, jeden Montag einen neuen Artikel in meinem Blog zu posten.

Gleichzeitig ist es unfassbar anstrengend, bei allem immer 100 % anzustreben. Wie viel Zeit ich in meinem Leben damit verbracht habe, etwas ganz rund und perfekt zu machen, lässt sich nicht schätzen. Und dabei war ich dennoch nie zufrieden. Sätze wie, „das ist jetzt bei 98 %, aber ich lass’ das jetzt so“, klingen lustiger als sie sich anfühlen. Nichts war gut genug. Vielleicht habe ich auch deswegen meine Artikel stets Sonntagabend geschrieben. Da blieb mir keine Zeit, die Texte noch fünfmal zu überarbeiten.

Innerer Antreiber

Durch das Coaching konnte ich von meinem Perfektionismus und diesem inneren Antreiber viel loslassen. 80 % reichen. Und dieses Mal fühlt es sich tatsächlich auch so an. Ich weiß nun, auch wenn etwas schnell geht, kann es gut und fertig sein.

Habe ich früher z. B. für die Vorbereitung eines Meditationsabends mehrere Tage gebraucht, ist meine Vorbereitung jetzt viel schneller. Am Anfang hatte ich ein schlechtes Gewissen, als hätte ich weniger Herz hineingesteckt. Aber die Vorbereitung geschieht getrennt vom Abend. Es ist mir wichtig, die Übungen klar zu haben, das Gefühl zu wissen, mit dem ich meine Teilnehmenden aus dem Abend entlasse. Auch die Inhalte sind mir wichtig. Aber was ich genau erzähle, darf noch mehr aus dem Herzen kommen. Und ich habe erlebt, dass die Abende kein bisschen weniger berührend oder tief sind.

Der Druck ist weg

Ohne meinen inneren Antreiber war aber für Mut-zur-Stille plötzlich der Druck weg, am Sonntagabend auf jeden Fall den Artikel für Montag hochzuladen. Auf der einen Seite hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn ich hatte mir ja das Versprechen gegeben. Auf der anderen Seite funktionierte der selbstgemachte Druck nicht mehr. Und mit meinem Bekenntnis im letzten Artikel habe ich laut ausgesprochen, was ich innerlich inzwischen fühle: Ich muss nicht auf Biegen und Brechen jeden Sonntag einen Artikel schreiben.

Mehr Raum

Wenn die Disziplin mich nicht mehr antreibt, werde ich vielleicht weniger „leisten“. Aber vielleicht bekommt etwas anderes wieder mehr Raum: die Freude! Wenn der Flow im Schreiben einmal da ist, war sie immer da, die Freude. Aber um mich hinzusetzen, hat mir mein Antreiber vorher in den Hintern getreten. Vielleicht ist es jetzt wieder mehr die Freude, die mich an den Computer zieht, weil ich etwas mit dir teilen möchte, weil ich dich an meinen Gedanken, Erlebnissen und Erkenntnissen teilhaben lassen möchte. Und weil ich dich ermutigen möchte, bei dir hinzuschauen.

Eine Frage an dich

Wie steht es bei dir um die Disziplin? Würdest du dich als einen disziplinierten Menschen bezeichnen?

Ich schätze die Eigenschaft, diszipliniert zu sein, sehr. Denn ich verdanke diesem Dranbleiben und Durchhalten ganz viel. Wenn ich stets sofort hinschmeißen würde, wenn ich mal keine Lust habe oder wenn es schwer wird, dann hätte ich viel weniger erschaffen, viel weniger in diese Welt gebracht und viel weniger Fülle erlebt. Und gleichzeitig kenne ich den Druck des inneren Antreibers. Wenn es nur noch Disziplin ist, bleibt die Freude auf der Strecke.

Frage zwei

Und deswegen die zweite Frage an dich:

Was macht dir Freude? Was erfüllt dein Herz? Und nimmst du dir dafür genug Zeit?

Freude und Disziplin sind keine Gegensätze. Im Gegenteil, ohne die Disziplin wäre mir ganz viel Freude entgangen. Denn manchmal muss ich mich selber motivieren. Die Bequemlichkeit zieht mich wie ein Magnet auf die Couch, während draußen die Sonne lacht und das neue Fahrrad ausgefahren werden möchte.

Mir ist in den letzten Tagen und Wochen klar geworden: Ich möchte nicht mehr, dass meine Disziplin mich vor sich hertreibt. Aber ich weiß gleichzeitig, dass ich sie brauche, um Freude und Fülle zu erleben. Denn dafür muss ich meinen Hintern hochkriegen. Dafür muss ich meine Gedanken, Gefühle und Erkenntnisse aufschreiben. Ob das jede Woche ist, weiß ich nicht. Aber wenn du weiter Lust auf Texte von Mut-zur-Stille hast, dann wirst du hier weiter fündig werden.

Und vielleicht hast auch du Lust bekommen, dir wieder mehr Zeit für das zu nehmen, was dein Herz mit Freude erfüllt.

Was willst du geben?

Danke für’s Lesen.

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Sonne, Mohnblumen, Feld © diego_torres (pixabay CC-0)

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