Warum du nicht an dir verzweifeln solltest, wenn du Zweifel hast
Endlich hatte ich Klarheit. Die Entscheidung war getroffen und der Weg entfaltete sich Schritt für Schritt vor mir. Innere Klarheit ist für mich ein sehr erstrebenswerter Zustand. Wenn ich mich in diesem Zustand befinde, frei von Zweifeln, dann merke ich es oft gar nicht. Wenn sie aber da ist, dann wiegen Zweifel oft schwer.
Nun war also das Gefühl einer inneren Klarheit da. Die Richtung für meinen Weg war da. Und dann auf einmal kamen aus heiterem Himmel doch wieder Zweifel. Nach einem Gespräch mit einem guten Freund über ein ganz anderes Thema, waren sie auf einmal wieder da, diese nagenden Zweifel: Ist das wirklich der richtige Weg? Gehst du tatsächlich in die für dich im Moment passende Richtung?
Wertschätzung für meine Zweifel
Jegliche zuvor dagewesene Klarheit und Ausrichtung schienen wie weggeblasen. Zurück blieb dieses Gefühl, “wenn dir jetzt schon Zweifel kommen, dann kann es gar nicht die richtige Richtung sein, die du eingeschlagen hast”. Ich quälte mich einige Tage mit diesem wiedergekehrten Gefühl herum, bis mir klar wurde: Zweifel zu haben ist enorm wichtig! Sie übernehmen eine wichtige Rolle für uns:
- Wie kann ich mich und meinen Kurs selber hinterfragen?
- Wie soll ich mir klar werden, wie wichtig mir eine Sache überhaupt ist?
- Wie kann ich für mich prüfen, ob der Weg noch stimmig ist?
Zweifel sind treue Begleiter, die mir mit den Antworten auf diese Fragen helfen. Hier kommen die sieben Gründe, warum zweifeln wichtig und hilfreich ist und warum du sie wertschätzend betrachten kannst.
1. Positionsbestimmung
Unterwegs auf meinem Lebensweg erlebe ich immer wieder Zeiten, in denen es leicht geht. Der Weg entfaltet sich wie von selber unter meinen Füßen. Zeiten, in denen “es läuft”. Es gibt immer wieder auch Zeiten, in denen es nicht “läuft”. Ich bekomme Gegenwind, muss meinen Kurs ändern oder werde zurückgeworfen. Wenn Zweifel sich melden, ist das eine gute Gelegenheit erst einmal die eigene Position im aktuellen Umfeld zu bestimmen. Wo stehe ich gerade in meinem Leben? In welchen Lebensbereichen“läuft es” und wo stehe ich an einem Punkt, bei dem der nächste Schritt nicht klar ist?
2. Überprüfung meiner Werte und meiner Wahrheit
Aufkommende Zweifel können Boten meiner Seele sein, die mich ermutigen, mich mit meinen Werten auseinanderzusetzen. Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Zweifel helfen mir, zu prüfen, ob mein Weg noch meiner inneren Wahrheit entspricht. Nichts ist so stetig wie die Veränderung. Und das gilt auch für meine Werte und meine Wahrheit. Auch sie sind nicht auf ewig unveränderlich. Deswegen ist es wichtig, ab und zu eine Bestandsaufnahme und einen Abgleich zu machen.
3. Energie-Richtung erkennen
Zweifel können unglaublich hilfreich sein, meine Energie-Richtung anzuschauen. Lebe ich im Fluss der Energie? Lasse ich die Energie, die da ist, durch mich hindurch strömen und bin in der gebenden Richtung unterwegs? Oder bin ich momentan in der nehmenden Richtung unterwegs? Habe ich meinen Fokus momentan auf dem Mangel liegen statt auf der Fülle? Versuche ich zu bekommen, was mir vermeintlich fehlt? Wenn ich meinem Zweifel Raum geben, kann er mir wichtige Signale geben, in welche Richtung meine Energie fließt.
4. Zweifel sind die kleinen Schwestern der Selbstreflexion
Durch Zweifel bremst sich meine Geschwindigkeit. Ich sause nicht mehr im Autopiloten durch meinen Alltag, sondern bremse ab und halte inne. Wenn ich meinen Zweifeln die Hand reiche, statt sie zu verdrängen, öffne ich die Tür für die große Schwester der Zweifel: die Selbstreflexion. Zweifel ermutigen uns, mit einem anderen Blickwinkel auf Themen zu schauen. Dieses Innehalten, um sich selber und die Themen mit etwas Abstand zu betrachten, ermöglicht mir Erkenntnisse, für die ich im Autopilot-Modus gar keine Zeit und Aufmerksamkeit habe.
5. Lernen und Erkennen
Zweifel zeigen mir manchmal auch auf, dass ich mich in einer Sackgasse befinde. Ich merke, dass manche Entscheidungen sich nicht so entwickelt haben, wie ich es mir gewünscht hatte. Wenn ich meine Zweifel im Keim ersticke, wie ich es in meinem Leben oft gemacht habe, dann verharre ich weiter in der Sackgasse. Mein Herz weiß längst, dass ich umkehren und ein paar Schritte zurück machen möchte, um einen anderen Weg zu wählen. In dieser Situation meinen Zweifeln Raum zu geben, sie ernst zu nehmen, hilft zu erkennen, welche Veränderung vielleicht nötig ist.
6. Weiterentwicklung ermöglichen
Das Innehalten beim Zweifeln kann mir neue Horizonte öffnen, die ich vorher gar nicht für möglich gehalten habe. In der achtsamen und gütigen inneren Auseinandersetzung mit mir und meiner Sicht auf die Dinge entsteht ein neuer Raum in mir. Durch diesen neuen inneren Raum kann eine Veränderung stattfinden und ich kann mich weiter entwickeln. Das ist nicht immer nur angenehm. Inneres Wachstum kann genauso Schmerzen verursachen, wie Kinder es beim wachsen ihres Körpers oder ihrer Zähne erleben. Sich weiterzuentwickeln ist die Essenz des Lebens. Darum sind wir hier.
7. Neuausrichtung
Sich neu auszurichten, heißt nicht unbedingt den Kurs zu ändern. Mich neu zu justieren, kann ebenso heißen, dass ich den eingeschlagenen Weg bewusst weitergehen möchte. Die Qualität im Gehen dieses Weges ist eine andere, wenn ich nach aktiv erlebten Zweifeln gestärkt bin in der Überzeugung: dies ist die Richtung, in die mein Leben gehen soll. Und diese Klarheit erfüllt und gibt Kraft. Bis meine Freunde, die Zweifel, sich erneut melden und mich auffordern, hinzusehen.
Wie gehst du mit dem Thema Zweifel um?
Bildnachweis für diesen Beitrag: Löwenzahn, Blume, Pusteblume © webandi (pixabay CC-0)
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