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Und immer wieder: vom Kopf ins Herz

Lesezeit: 4 Minuten

Kopfmensch

Ich bin ein Kopfmensch. Entscheidungen durchdenke ich gründlich. Ich mache Listen mit Vor- und Nachteilen, arbeite Übersichten und Tabellen aus und versuche stets die Konsequenzen abzuschätzen.

Viel zu oft habe ich lieber nicht entschieden, statt falsch zu entscheiden. Meine Sorge, einen Fehler zu machen, war größer als der Wunsch nach Veränderung. Dabei habe ich aber nicht gemerkt, dass „nicht entscheiden“ auch eine Entscheidung ist. Stattdessen habe ich lieber abgewartet, ausgehalten und auf eine Veränderung gehofft, ohne die Weichen für die Veränderung zu stellen.

Schwere Gedanken

Was passiert, wenn der Kopf im Leben den Ton angibt? Der nächste Schritte wird stets abgewogen. Spontanität? Fehlanzeige, es muss ja erst abgewogen und nachgedacht werden, ob das wirklich eine gute Idee ist. Der Kopf denkt und denkt und wird dabei immer schwerer. In Zeiten, wenn der Kopf bei mir das Kommando hat, bin ich total angespannt. Damit gehen Kopfschmerzen, Nackenschmerzen und Schulterschmerzen einher. Meine schweren Gedanken lasten auf meinen Schultern.

Kontrolle

Immer im Kopf zu sein, ist eine Form von Kontrolle. Ich möchte die Kontrolle nicht verlieren. Deswegen möchte mein Kopf immer planen. Jede Alternative muss durchdacht werden, damit ja kein Fehler geschieht oder etwas Unerwartetes geschieht. Aus dem Wunsch, stets die Kontrolle zu behalten, passiert aber etwas ganz anderes: Ich baue mir selber Mauern. Außerhalb meiner Kontrolle, soll und darf nichts geschehen. Wer weiß, was dann passiert? Diese Mauern schneiden mich ab: von meiner Leichtigkeit, meiner Spontanität und vor allem von der Stimme meines Herzens. Diese innere Stimme, die mein Kompass und Ratgeber sein kann, verstummt unter all den lauten Gedanken. Ich nenne sie Stimme des Herzens oder auch Bauchgefühl. Damit meine ich diese innere Weisheit, die größer ist als alles, was ich denken kann.

Was könnte ich verlieren?

Mit all dem Planen und Abwägen will mein Kopf mich eigentlich beschützen. Das ist seine Aufgabe. Die Konsequenzen des eigenen Handelns im Blick zu behalten, ist an sich nichts Verkehrtes. Wenn aber die möglichen ungewollten Konsequenzen in der Abwägung überdimensional wichtig werden, wage ich den Schritt in die Veränderung nicht. Bei mir war stets „was könnte ich verlieren?“ so viel dominanter als das, was ich gewinnen könnte.

Wirklich verloren habe ich jedoch nicht das, was ich befürchtet habe, sondern meine Lebensfreude und Leichtigkeit. In meiner Kopf-Welt waren meine Gedanken so laut, dass ich meine innere Stimme nicht mehr gehört habe. Und mit ihr ist mein Kompass und die innere Weisheit verstummt. Das Vertrauen auf den Fluss des Lebens, der mich trägt und dorthin bringt, wo ich gerade sein soll, ist verloren gegangen. Ich habe stattdessen festgehalten, aus Angst, einen Fehler zu machen.

Sehnsucht

Auch heute erlebe ich immer wieder Phasen, in denen der Kopf die Oberhand gewinnt und ich den Kontakt zu meinem Herzen oder meinem Bauchgefühl verliere. In diesen Zeiten ist es laut in meinem Kopf. Und statt in der Stille den Lärm meiner Gedanken ruhiger werden zu lassen, kippe ich immer neue Bilder und Geschichten von außen in meinem Kopf: Social Media, Serien oder Hörbücher. Nur nicht zur Ruhe kommen. Ich versuche, meine Gedanken zu übertönen. Und merke erst nach einiger Zeit, dass ich in meinem alten Strudel hänge. Es hat ja einen Grund, warum mein Blog „Mut zur Stille“ heißt.

Innerer Kritiker

Oft ist das, was mein Kopf denkt, nicht gerade angenehm. Vielleicht kennst du einen Protagonisten in deinem Kopf auch so gut wie ich? Ich meine den inneren Kritiker. Kennst du sie auch, diese Stimme, die an allem etwas auszusetzen hat? Zum Glück erlebe ich diese Stimme unterschiedlich laut. Die Zeiten, in denen sie ständig dazwischen gequatscht hat und alles moderiert hat, was ich tue, sind zum Glück vorbei. Aber immer wieder höre ich diese Stimme, der nichts genug ist. Diese Stimme sagt Sätze von früher. Oder kombiniert die Gedanken von früher, alte Glaubenssätze, zu neuen.

Aber du kannst gewiss sein: Nicht alles, was dein Kopf denkt, ist wahr! Dein Kopf wiederholt die alten Gedanken, weil er gelernt hat, dass dies für dich früher hilfreich war. Aber heute ist es das nicht mehr. Die Gewissheit, dass vieles nicht wahr ist, was mein Kopf denkt, hilft mir, die Stimme nicht zu nähren, ihr nicht immer und in jeder Situation zu glauben. Doch das Wissen alleine reicht nicht. Wenn ich weiß, dass es nicht wahr ist, bin ich weiter im Kopf. Wissen ist im Kopf. Der Unterschied passiert, wenn ich FÜHLE, dass es nicht wahr ist.

Herausforderung

Und das ist die große Herausforderung. Wie fühle ich, dass ein Glaubenssatz nicht wahr ist? Alles fängt damit an, dass ich mir Zeit und Raum nehme, in denen nicht der Kopf, sondern das Herz das Sagen hat. Für mich sind das Momente in der Natur oder wenn ich fotografiere. Da denke ich auch, aber meine Gedanken drehen sich um das Motiv, die Einstellungen der Kamera oder den besten Winkel. Mein Kopf darf denken, aber die Gedanken werden langsamer. Diese Gedanken sind auch leichter und ziehen schneller weiter.

Ähnlich ist es für mich auch beim Schreiben. Mein Kopf ist da und ich brauche ihn auch. Aber es entwickelt sich eine Art Flow. Ich kann mich dem Fluss der Wörter hingeben. Durch die Hingabe werden die Gedanken irgendwie leichter. Und so entsteht eine Verbindung. Die Verbindung mit meinem inneren Wesen. Das, was ich jenseits von Gedanken bin, zeigt mir den Weg.

Ich bin mehr

Bei meinem letzten Meditationsabend war genau das Thema. Es ging um die Reise vom Kopf ins Herz. Diese Reise darf ich immer wieder antreten. Denn meinen „Kopf“ kann ich nicht weg meditieren. Er ist Teil meiner Persönlichkeit. Aber ich muss ihm nicht immer glauben. Und ich muss ihm nicht immer den Raum geben, den er sich nehmen will.

Denn ich bin mehr als mein Kopf. Ich bin mehr als meine Gedanken.

Vielleicht kennst du es auch, dass dein Kopf so dominant ist und viel Raum einnimmt. Aber vielleicht haben deine Gedanken weniger Schwere und dir fällt es leichter in Kontakt mit deinem Herzen zu kommen. Und du spürst immer wieder die Verbindung mit dir.

Erlaube dir dieses Gefühl: Du bist mehr als dein Kopf! Erlebe es, indem du in Kontakt mit dir selber gehst. Erlebe die Verbundenheit mit dir selber. Du bist viel mehr. Du bist ein eigenes Universum. Du bist so weit und tief wie der Himmel. Du bist so viel mehr als deine Gedanken.

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Panorama, Weite, Sonne © FelixMittermeier (pixabay CC-0)

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