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Von der Dankbarkeit, versorgen zu dürfen

Ein altes Ehepaar geht Hand in Hand, eine Freude seine Eltern versorgen zu dürfen.
Lesezeit: 2 Minuten

Eine klare Ansage

Als wir Schwestern vor einigen Jahren darüber sprachen, wie es sein wird, wenn unsere Eltern alt und hilfebedürftig werden, habe ich sehr klar gesagt: Nur weil ich in der Nähe wohne, werde ich mich nicht automatisch um unsere Eltern kümmern. Ich hatte Sorge, dass es an mir hängenbleibt. In meiner damaligen Lebensphase konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich dafür Zeit habe.

Wie die Zeiten sich ändern

Seit einigen Wochen ist die Situation nun genau so eingetreten. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe ich meine Eltern gebeten, dass sie nicht mehr selber einkaufen gehen, sondern dass ich das für sie übernehme und sie versorge. Mein Vater gehört mit COPD und Bluthochdruck zur Risikogruppe, sodass es mir wichtig war, sie zu unterstützen. Ich habe keine Sekunde darüber nachdenken müssen, ob ich Zeit habe oder es gerade in mein Leben passt.

Wo ich heute stehe

Heute stehe ich also an einem völlig anderen Punkt als vor einigen Jahren. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich für meine Eltern da sein darf. Sie sind zum Glück noch sehr aktiv und brauchen sehr begrenzte Unterstützung. Mit Freude habe ich mir immer wieder kleine Überraschungen überlegt, wie sie etwas Abwechslung erleben können. Mal war es ein selbst gebackener Kuchen oder ein Spaghetti Eis, als die Eisdielen wieder geöffnet haben. Oder wir haben Übungstouren mit dem Rollstuhl gemacht, damit meine Mutter etwas Übung bekommt, um meinen Vater zu schieben.

Die wunderbaren Kleinigkeiten

Bei einer dieser Übungstouren mit dem Rollstuhl haben wir uns an einer Rampe etwas festgefahren. Ein junger Mann mit Bierflasche in der Hand kam schnell zu uns auf die andere Straßenseite und fragte, ob er helfen könne. Da ich natürlich jederzeit aus dem Rollstuhl aussteigen konnte, brauchten wir keine Hilfe. Aber die Hilfsbereitschaft dieses Menschen war so herzlich und echt, dass mich diese kleine Begegnung im Herzen bewegt hat. Mein Vorurteil ihm und seiner Bierflasche am Nachmittag gegenüber wandelte sich in Freude und Dankbarkeit.

Auch als mein Vater selber ausprobieren wollte, wie sich der Rollstuhl schiebt, und ich von meinem Vater über eine Allee auf dem Friedhof geschoben wurde, erlebte ich eine Freude und Dankbarkeit für diesen Moment in meinem Herzen.

Die Freude an einer Selbstverständlichkeit

Dass ich meine Eltern unterstütze, war auf einmal selbstverständlich. Egal wie viel ich zu tun habe, dafür werde ich immer Zeit haben. Aber das Überraschende war, dass es mir eine unglaubliche Freude macht, für meine Eltern da sein zu dürfen. Ich erlebe eine tiefe Dankbarkeit, dass ich diese Zeit mit ihnen verbringen darf. Ihre Zeit hier in diesem Leben ist gezählt, so wie bei jedem von uns. Und ich habe die letzten Wochen als ein großes Geschenk erlebt.

Das Leben fließt

Als meine Mutter letzte Woche dann sagte, sie könne nun wieder selber einkaufen gehen, war ich im ersten Moment traurig. Sie brauchen mich nicht mehr. Auf der einen Seite ist das eine Entlastung für mich, da ich beruflich gerade sehr viele Stunden arbeite. Auf der anderen Seite habe ich es so sehr genossen, sie versorgen zu dürfen – in diesem ganz kleinen Rahmen. Es war nicht viel zu tun, aber es war für mich und sicher auch für meine Eltern eine sehr wertvolle Zeit.

Große Herausforderungen

Ich weiß, dass viele Menschen vor sehr großen Herausforderungen stehen, weil sie Angehörige versorgen und pflegen. Ich kann nur ahnen, wie viel Kraft es kostet und welche Belastung es im Alltag ist. Wenn dies für dich zutrifft, wie erlebst du diese Herausforderung? Was bewegt dich? Wie achtest du auf dich und deine Kraft?

Ich würde mich freuen, wenn du es hier oder in einer persönlichen Nachricht teilst.

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Paar, Senioren, Rentner © PICNIC-Foto-Soest (pixabay CC-0)

1 Kommentar

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