Die Zeit, die jetzt kommt
Viele werden es wissen: nach Karneval beginnt traditionell die Fastenzeit, die in der katholischen Kirche in der Zeit nach Karneval bis Ostern begangen wird. Als Kind habe ich in dieser Zeit auf Schokolade, Süßigkeiten oder Nuss-Nougat-Creme verzichtet. Auch in den letzten Jahren war Schokolade immer wieder dabei, aber auch der Verzicht auf Fleisch wurde mir wichtig. Unvergessen sind für mich die Jahre, in denen ich auf Cola Light verzichtet habe, denn das war zu der Zeit meine größte Schwäche.
Schwerer Verzicht
Egal was
Es fühlte sich für mich oft ähnlich an, egal auf was ich verzichtet habe. Am Anfang fiel es mir unglaublich schwer, nach dem Mittagessen keine Cola zu trinken oder Abends keine Schokolade zu naschen. Vor allem die ersten zehn Tage waren schwer, weil mich immer wieder der Heißhunger überfiel. Danach wurde es aber überraschend schnell einfach, denn ich hatte quasi kein Verlangen mehr danach. Obwohl ich das kannte, habe ich zu Beginn jedes Mal gezweifelt habe, ob ich es schaffe, durchzuhalten.
Als Ersatz
Neben der Gewohnheit, nach dem Essen eine Cola zu trinken, entdeckte ich in der Phase des Verzichts, dass die Cola oder die Süßigkeiten eine Funktion für mich hatten. Die Cola trank ich, weil ich neue Energie brauchte. Ich fühlte mich müde und mir fehlte die Kraft. Deswegen fiel es mir schwer, darauf zu verzichten. Die Cola war Ersatz für Erholung und Pause geworden. Durch den Verzicht durchschaute ich mein eigenes Täuschungsmanöver.
Nun du …
Auf was fällt es dir schwer, zu verzichten? Welche Angewohnheit, die vielleicht nicht gut für dich ist, fällt dir schwer für eine Zeit loszulassen? Gibt es bei dir auch etwas, das ein Ersatz ist für das, was du dir wirklich wünscht?
Kannst du warten?
Verzicht ist in unserer Gesellschaft seltener geworden. Verlernen wir gerade zu warten? Alles scheint zu jeder Zeit verfügbar: Die Serie bei Netflix ist gerade so spannend, also direkt die nächste Folge streamen. Die Beziehung ist zu Ende gegangen, einfach über Tinder den Markt checken. Oh ein Schnäppchen. Lieber sofort zugreifen, es ist so günstig und gleich morgen schon da. Keine Zeit zu überlegen, ob ich es brauche.
Natürlich gibt es viele Menschen, die warten können. Und es gibt selbstverständlich auch Menschen, die bewusst verzichten. Sie essen z. B. kein Fleisch oder keine tierischen Produkte. Auch bewusst gelebter Konsum gewinnt an Bedeutung.
Das Wunderbare am Verzicht
Verzicht zu üben hat nämlich eine wunderbare Wirkung: Du trittst einen Schritt zur Seite, schaust auf deine Gewohnheit und hinterfragst sie. Macht es mir wirklich Freude? Erfüllt mich das, was ich tue oder überdeckt es nur eine Leere in mir? Ist es ein Ersatz für etwas anderes, was mir momentan fehlt? So war und ist es bei mir meistens. Die Schokolade tröstet mich, wenn ich unzufrieden bin. Eine Cola gibt mir neue Energie, wenn ich müde bin und eigentlich nur eine Pause bräuchte.
Verzicht kann noch etwas anderes bewirken: Vielleicht ist die Freude an etwas verloren gegangen, weil ich es für selbstverständlich nehme. Vorübergehend darauf zu verzichten hilft mir, zu erkennen, dass ich z. B. vergessen habe, die Schokolade zu genießen. Es war nur noch Gewohnheit ohne Genuss und wirklich Freude.
Die Veränderung
Sich mit dem Thema verzichten zu beschäftigen, verändert schon etwas:
- Die Freude an etwas kann wieder kommen, wenn ich achtsamer werde.
- Die Klarheit darüber, dass es mir nicht guttut, darf entstehen.
- Und mit der Klarheit kann die Kraft und der Wille kommen, bewusst Verzicht zu üben.
Die Qualität des Wartens
Wenn du dich bewusst für eine Zeit einlässt, auf etwas zu verzichten, dass dir lieb und wichtig ist, lässt du auch die Qualität des Wartens wieder in dein Leben. Denn mit dem Warten kommt noch etwas: die Vorfreude.
Denn ohne Warten kann keine Vorfreude entstehen. Es ist daher wichtig, immer wieder Momente zu erleben, in denen eben nicht alles sofort verfügbar ist. Nur so kann Vorfreude in dir entstehen.
Wie sieht es bei dir aus? Willst du eine Zeit auf etwas verzichten?
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