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Wer ist eigentlich dieser ‘man’?

Zwei Schienenstränge laufen parallel zum Horizont, so distanziert wir die Formulierung man in eigenen Aussagen.
Lesezeit: 2 Minuten

Eine normale Formulierung

“Wenn man sich von einem Menschen trennt, dann fällt man danach in ein Loch.” Ich vermute viele Menschen stören sich an diesem Satz nicht. Und wenn doch, dann vielleicht am Inhalt. Ich störe mich jedoch an der Wortwahl. Wer ist dieser ‘man’, der sich trennt und in ein Loch fällt?

Distanz zu mir selber

Formulierungen dieser Art habe ich selber zuhauf benutzt. “Man weiß ja nicht, was danach kommt. Also bleibt man lieber im Job.” Gemeint habe ich mich selber, gesprochen habe ich aber von einem mysteriösen Dritten, der in den gleichen Situationen wie ich steckt.

Warum habe ich so gesprochen? Ich habe mich so von mir und meinen Gedanken und Gefühlen distanziert. Ich habe die persönliche Form der Aussage umgangen.

Versteckt hinter Worten

Durch die distanzierte Formulierung kann ich mich hinter den Worten verstecken. Aussagen in der Ich-Form sind persönlich. Damit offenbare ich etwas von mir. Früher hat mir der Mut gefehlt mich zu zeigen. Mit einer ‘man’-Aussage ecke ich nicht so schnell an.

Meine Gefühle waren mir auch oft nicht bewusst. Ich hatte den Kontakt mit mir verloren. Wenn ich die Formulierung ‘man’ wähle, erhalte ich diese Distanz auch aufrecht. Denn ich brauche nicht hinzuschauen, wie es bei mir wirklich aussieht. Eine weichgespülte Floskel bringt mich durch gefährliche Fragen, die an meiner gebauten Mauer rütteln.

Es darf sich verändern

Inzwischen benutze ich das Wort ‚man‘ nicht mehr oft. Es passiert natürlich auch heute noch, aber es ist zur Ausnahme geworden. Ich bin mit mir selber viel mehr im Kontakt. Meine Gefühle dürfen sich zeigen und ich spüre auch oft den Mut, sie auszusprechen. Die Formulierung ‘man’ passt dazu nicht. Meine Sprache hat sich verändert. Bewusst persönlich zu sprechen ist eine Wertschätzung meiner Gefühle und von mir selber. Auch dies kann ich über meine Sprache ausdrücken.

Der Trick mit der inneren Glocke

Auf meinem inneren Weg hat mich der bewusste Umgang mit der Sprache in der Veränderung unterstützt. Als mir bewusst wurde, dass Formulierungen mit ‘man’ meine innere Distanz verstärken, habe ich mir eine innere Erinnerung eingebaut. Ich habe mir vorgenommen, dass immer, wenn ich das Wort ‘man’ verwende, eine Art innere Glocke in mir läutet.

Am Anfang hat die Glocke stets Verspätung gehabt und hat erst geläutet, wenn der Satz schon ausgesprochen war. Damit fängt es an. Und dann fiel es mir mitten im Aussprechen auf. So konnte ich den Satz noch umformulieren. So habe ich nach und nach geübt wieder persönlich zu sprechen und mich mit meinen Aussagen mehr zu zeigen.

Kennst du auch diesen ‘man’?

Schau einmal ehrlich bei dir selber hin: wie viel von dir steckt in deiner Sprache? Zeigst du dich und deine Gefühle und Gedanken in dem, was du sagst? Oder versteckst du dich auch hinter dem bequemen ‘man’. Frei nach dem Motto: Nur nicht zu persönlich Stellung beziehen. Lieber schön vage bleiben.

Nutze die Chance

In einer persönlichen und authentischen Formulierung steckt viel von dir. Du brauchst eine Prise Mut, dich zu zeigen. Aber darin liegt auch eine wunderbare Chance. Durch persönlichere Aussagen bekommen Gespräche eine neue Tiefe. Du öffnest dich und lädst dein Gegenüber in dein Leben ein. So wird es auch deinem Gesprächspartner leichter fallen, sich selber zu zeigen.

Als ich immer mehr die Formulierung weggelassen habe und mich authentisch und verletzbarer gezeigt habe, hatte ich auf einmal ganz unerwartet wundervolle Gespräche, zum Beispiel mit einem Kollegen, dessen Mutter gestorben war.

Probiere es aus

Was du sagst, ist immer persönlich. Es enthält immer die Essenz von dir. Also verstecke dich nicht mehr. Wertschätze deine Sicht, deine Gefühle, deine Gedanken. Formuliere persönlich. Sage ‘ich’ statt ‘man’. Denn es geht um dich und das was in dir ist. Und das ist so tief, dass es für andere eine Bereicherung ist, wenn du dich mit ihnen teilst.

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Eisenbahn, Ziel, Reisen © GoranH (pixabay CC-0)

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