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Der innere Schweinehund: Ein Schuft, den wir alle kennen

Eine Bulldogge liegt auf dem Boden.
Lesezeit: 3 Minuten

Warum machen wir uns selber so viel Stress?

Eigentlich wollte ich einen ganz anderen Artikel zu Ende schreiben, aber ich habe das Anfangen immer wieder vor mir her geschoben. Statt dessen habe ich Wäsche gewaschen, Blumen gegossen und andere mehr oder weniger sinnvolle Ablenkung erledigt. Ich habe seit zwei Wochen das erste Mal einen Nachmittag frei und hätte wirklich Zeit, die Dinge zu machen, die mir Spaß machen. Aber da sitzt er vor mir, groß und stur: mein innerer Schweinehund. Ich vermute, du kennst ihn gut. Er ist dir bestimmt schon oft begegnet. Wenn du dir ganz fest vorgenommen hast, morgen Abend aber wirklich joggen zu gehen, die Küche auszuwaschen, endlich den Keller aufzuräumen oder den Kleiderschrank zu sortieren, weil er aus allen Nähten platzt. Ich höre mich selber laut sagen: „Die Steuern mache ich dieses Wochenende aber wirklich fertig.“ Du nimmst es dir ganz fest vor, wirklich ganz fest. Dieses Mal fängst du wirklich an. Und schwups, ist es Sonntagabend und im Keller steht noch immer das Leergut und die Weihnachtskiste im Weg. Und die Sportschuhe haben sich so wie du keinen Zentimeter bewegt. Nur einer ist wirklich zufrieden: Der innere Schweinehund liegt dort bequem und breit und ist glücklich, dass er seine Aufgabe wieder so gut erledigt hat. Nur du bist unzufrieden und vielleicht enttäuscht von dir, dass du dich wieder nicht aufgerafft hast. Oder vielleicht fühlst du dich sogar wie ein Versager. Alle schaffen es, nur du nicht.

Darf ich vorstellen? Der innere Schweinehund

Ich glaube, den inneren Schweinehund gab es schon immer. Menschen hatten zu allen Zeiten mehr oder weniger Lust auf ihre Pflichten. Früher hatte er weniger Macht. Es gab weniger Freizeit und es griffen Mechanismen wie Gehorsam oder Dienstpflicht einem Herren gegenüber. Dieser bestrafte nicht erledigte Arbeit – oftmals sicher mit sehr unangenehmen Konsequenzen. Das war eine starke Motivation. Heute gibt es oft keine dramatischen Konsequenzen. Der Wegfall von z. B. körperlicher Züchtigung oder Freiheitsentzug bei Nichterledigung kann allerdings nicht der Grund sein, warum heute sogar ein Krankheitsbild diskutiert wird. Der Fachbegriff heißt „Prokastination“. Der Duden definiert Prokastination als „das Verschieben, Aufschieben von anstehenden Aufgaben, Tätigkeiten“. Allerdings ist hier in der Regel eine heftige Form gemeint, die Menschen sehr stark belastet. Regelmäßiges Aufschieben, das mit intensiven Gefühlen wie nagendem, schlechtem Gewissen, Selbstabwertung, Gefühle des Versagens oder ähnlichem einhergeht. Das kann soweit gehen, dass tatsächlich die Karriere in Gefahr ist oder Menschen körperlich unter Stresssymptomen leiden. Eine Lösung für krankhaftes Aufschieben habe ich nicht, aber für den inneren Schweinehund im Alltag habe ich gute Erfahrung mit zwei Vorgehensweisen gemacht.

Hier ist der Trick

Zu wissen, wie es wissenschaftlich heißt, hilft mir noch nicht, morgen wirklich Sport zu machen oder? Was kannst du konkret tun, um den inneren Schweinehund von der Couch zu schubsen? Eine konkrete und einfache Veränderung habe ich aus einem meiner Lieblingsblogs: mymonk. Tim schrieb darüber, wie es gelingt, Ziele wirklich zu erreichen. Es klappt, indem ich ganz klein anfange. Denk nicht an die ganze Aufgabe, die dich Stunden, Wochen oder Monate kostet. Denke nur an den ersten Schritt. Das ist die erste Aufgabe: Einen ersten Schritt zu machen, mehr nicht. Die Hürde für den ersten Schritt wird so klein, dass es wirklich keine Ausrede gibt. Statt im Fitness Studio zwei Stunden zu trainieren, reicht es, eine Minute zu Hause Liegestütze oder Situps zu machen. Nur eine Minute. Das lockt deinen inneren Schweinehund noch nicht mal von der Couch herunter. Die eine Minute schiebst du locker morgens vor dem Zähneputzen oder Abends beim Fernsehen rein. Und danach kannst du das Hochgefühl genießen, endlich wirklich angefangen zu haben.

Und hier kommt dein Aber…

Ich höre dich schon kritisch fragen: Aber gilt das denn, wenn ich nur eine Minute Sport gemacht habe? Ja, das gilt. Zu hohe Erwartungen sind Futter für deinen inneren Schweinehund. Gedanken wie „das schaffe ich ja doch nicht“, „das ist viel zu viel“ beflügeln den inneren Schweinehund und bremsen dich aus. Es geht nur um das Anfangen. Das Anfangen ist der goldene Schritt. Ich höre schon deinen nächsten Einwand: „Wenn ich nur eine Minute im Keller aufräume, ist der Keller immer noch chaotisch.“ Das stimmt. Aber es stimmt auch: Wenn du den Anfang hast, geht der Rest viel leichter. Vielleicht wäschst du schon beim ersten Mal einen ganzen Schrank in der Küche aus statt nur ein Fach, das du dir vorgenommen hast. Und wenn es bei einem Fach geblieben ist, ist das völlig okay. Es geht nur um eine Minute. Schneide das erste Stückchen von deinem vermeintlich riesigen Eisberg ab und du wirst sehen: Das Stück ist so klein, dass Anfangen gar nicht schwer ist. Und wenn der Anfang gemacht ist, fällt der zweite Schritt viel leichter.

Stell‘ es dir so konkret vor, wie du kannst

Um den inneren Schweinehund zu überlisten und diese eine Minute wirklich anzugehen, hilft mir eine Übung: Ich stelle mir vorher ganz konkret vor, wie ich beginne. Ich visualisiere wie ich das Fach in der Küche leer räume, warmes Wasser in den Eimer laufen lasse, Reiniger hineingebe, den Putzlappen nehme, ihn eintauche und das Fach auswische, es trocken reibe und das Fach wieder einräume. Ich stelle es mir Schritt für Schritt, ganz konkret und praktisch vor: Wie der gelbe Lappen im rosa Eimer schwimmt, wie das warme Wasser sich anfühlt. Bei dieser inneren Vorstellung passiert etwas mit mir: Wenn ich konkret weiß, was auf mich zukommt und ich schon weiß, wie es sich anfühlt, ist es gar nicht mehr schlimm. Dazu kommt: Ich kann fühlen, wie gut es mir geht, wenn das erste Fach geputzt ist. Und dieses Gefühl trägt mich durch den Tag bis zu dem Moment, in dem ich wirklich das Fach ausräume, Wasser in den Eimer laufen lasse und loslege.

Probiere es aus! Es funktioniert. Diese zwei Schritte helfen dir:

  1. Mach‘ die erste Hürde so klein es geht: nur eine Minute, nur ein Fach in der Küche oder im Kleiderschrank, nur zehn Minuten joggen.
  2. Stelle dir ganz konkret vor wie du es machst: Was du anziehst, was du dafür brauchst, welche Schritte nacheinander nötig sind, wie es sich anfühlt, zu putzen, aufzuräumen, mit den Joggingschuhen an den Füßen loszulaufen.

Ich bin gespannt, auf deine Rückmeldung dazu. Hast du es ausprobiert? Wie hat es bei dir geklappt?

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Hund, Dog, Tierportrait © Martin Holzer (pixabay CC-0)

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