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Erlaube dir ein Leben mit Tiefe

Lesezeit: 4 Minuten

Wie “alle” es machen

Ein “oberflächliches” Leben erscheint einfacher und angenehmer. Die Arbeitswoche ist der Gegner. Am Montag freue ich mich auf das Wochenende und am Wochenende plane ich den nächsten Urlaub. Der Alltag ist schwer und schwer auszuhalten. So scheint es normal zu sein. Und um die Schwere auszuhalten, ist Ablenkung allgegenwärtig. Mit sozialen Medien oder Netflix kann man die Zeit verbringen, um sich mit Geschichten und Bilder anderer Menschen vom eigenen Alltag abzulenken.

Ob du es willst oder nicht

Aber ein Leben hat immer auch Tiefe, ob du willst oder nicht. Du kannst nicht ein Leben ohne Tiefe wählen. Denn Beziehungen gehören immer zum Leben dazu. Auch wenn du dich sehr zurückziehst, kommst du nicht umhin, dass es Beziehungen in deinem Leben gibt. Denn wir sind zutiefst soziale Wesen, für die Gemeinschaft essenziell ist.

Es gibt in der Geschichte mehrere aus heutiger Sicht scharf zu verurteilende Versuche mit Babys, bei denen die “ursprüngliche Sprache” erforscht werden sollte. Einen dieser Versuche machte Friedrich II von Hohenstaufen, der im 13. Jahrhundert lebte. Er ließ Babys ihren Müttern wegnehmen und von Ammen versorgen, die sich jedoch nur um das körperliche Wohl kümmern durften. Sie stillten, wickelten oder badeten die Kinder, durften aber nicht mit ihnen reden. So sollte erforscht werden, in welcher Sprache die Kinder von alleine zu reden anfangen. Um dies herauszufinden, durften die Ammen die Kinder auch nicht liebkosen oder anderweitig mit ihnen kommunizieren. Alle diese Kinder starben.

Die erste Beziehung

Die erste Beziehung, die wir als Menschen erleben, ist die Beziehung zu unseren Eltern. Dies gilt für alle Menschen, auch wenn die Eltern nicht oder zu wenig für einen da waren. Dann fehlt genau diese soziale Bindung, die wir zum Start ins Leben so sehr brauchen. Der Verlust oder die Störung in der Beziehung hinterlässt oft tiefe Spuren im Leben.

Auch wenn die Beziehung zu den Eltern liebevoll und erfüllt ist, wird sie zu Verlusten führen. Als Menschen werden wir damit konfrontiert, dass die eigenen Eltern alt werden und sterben. Verlust ist Teil unseres Lebens, immer.

Verlust bringt Tiefe

Einen Menschen zu verlieren konfrontiert dich in deinem tieferen Sein. Zu erleben, dass meine Eltern alt werden, und zu wissen, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft sterben werden, konfrontiert mich mit meiner eigenen Endlichkeit. Mein inneres Kind hat Angst davor, verlassen zu werden und alleine zurückzubleiben.

Als meine Oma mit 96 Jahren gestorben ist, sagte mein Vater, dass er nun Waise sei. Er selber war zu dem Zeitpunkt 69 Jahre alt, doch der kleine Junge in ihm hatte nun keine Eltern mehr.

Teil des Lebens

Die meisten Menschen erleben bereits vor dem Altern und dem Tod ihrer Eltern Verluste. Ein geliebtes Haustier stirbt, die beste Freundin muss mit ihren Eltern in eine andere Stadt ziehen, die erste große Liebe geht zu Ende. Die Schmerzen berühren meine Seele und erzeugen eine Tiefe im Leben, die ich mir nicht aussuchen kann. Sie ist auf die eine oder andere Weise stets Teil des Lebens. Ich bin berührt von diesen Veränderungen und Verlusten, weil das Tier oder der Mensch für mich wichtig ist.

Wie gehst du damit um?

Die Frage ist: wie gehst du mit diesen Verletzungen um? Viele Menschen wagen nicht, sich der Traurigkeit und inneren Dunkelheit zu stellen. Sie wollen möglichst schnell zurück zum Alltag und Business as usual. Es ist üblich zu verdrängen, den Schmerz zu überdecken oder sich abzulenken, um zu funktionieren oder sich die vermeintliche Schwäche nicht anmerken zu lassen.

Die andere Möglichkeit ist es, die Tiefe zuzulassen, die in deinem Leben entsteht. Die Traurigkeit darf für eine Zeit Teil deines Lebens sein. Du stellst dich den Gefühlen und der Schwere eines Verlusts, durchlebst sie und erlaubst dir die entstehende Tiefe.

Tiefe als Teil des Lebens

Niemand wünscht sich diese Erlebnisse, doch wir alle erleben es in unterschiedlichen Formen. Und es zeigt uns etwas sehr Wichtiges: Das, was ich verloren habe, war wichtig. Es hat mir etwas bedeutet. Und wenn etwas für mich von Bedeutung ist, hat es Gewicht und manchmal auch eine Schwere.

Willst du ein Leben mit Bedeutung? Dann wird es nicht möglich sein, dass dein Leben nur aus Leichtigkeit, Freude und Zufriedenheit besteht. Schwere, Dunkelheit und Schmerzen werden immer Teil des Lebens sein, wenn du dich einem Leben stellst, in dem dir etwas wichtig ist. Wenn Tiefe Teil des Lebens ist, geht damit immer auch Schwere einher.

Der Tiefe Raum geben

Auf was möchtest du am Ende deines Lebens zurückschauen? Auf ein leichtes oder ein erfülltes Leben?

Das eine schließt das andere nicht aus. Auch schwere Stunden können mit einer Art Leichtigkeit erlebt werden. Schwere wird untragbar, wenn ich zu viele Geschichten an das Erlebte hänge. Dann schmerzt irgendwann nicht mehr der Verlust, sondern die Geschichte, die ich mir und anderen über diesen Schmerz erzähle.

Die Frage ist, erlaubst du, dass in deinem Leben Tiefe entsteht, weil du dem, was dir wichtig ist Raum gibst?

Ein Platz in meinem Leben

Wenn mir etwas wichtig ist, schmerzt es mich, wenn es zu Ende geht. Dennoch kann ich auch danach Freude und Leichtigkeit erleben. Wenn es mir gelingt, den Schmerz anzunehmen, kann ich ihm einen Platz in meinem Leben geben. Der Verlust geht nicht mehr weg, aber es schmerzt nicht mehr jeden Tag. Ich habe meiner Traurigkeit, meinem Gefühl alleine gelassen worden zu sein, der Begegnung mit meiner eigenen Endlichkeit, oder welchen Schmerz ich erlebt habe, einen Platz in meinem Leben gegeben.

Der Blick zurück

So verlockend es zu sein scheint, von einem Leben ohne Sorgen zu träumen: Es ist eine Illusion. Auch wenn du morgen im Lotto 100 Millionen Euro gewinnst, wird dein Leben nicht ohne Schmerz sein. Du magst die keine Sorgen mehr über Geld machen müssen, was dir fehlt, doch dennoch ist dein Leben nicht sorgenfrei. Nun hast du vielleicht Angst, das Geld wieder zu verlieren.

Wenn du dein Leben so lebst, dass nur die Zeit zählt, die leicht ist und in der du vermeintlich frei bist, läufst du dieser Illusion hinterher. Aber dein Leben findet auch von Montag 8:00 Uhr bis Freitag 17:30 Uhr statt. Und dein Leben möchte in jeder Stunde, Minute und Sekunde gelebt werden. Ein Leben in der Wartehalle auf das Wochenende oder den Urlaub, ist ein halbes Leben.

Du hast keine Zeit

Mache dir bewusst: Ein erfülltes Leben kann nicht in den letzten drei Jahren geführt werden. Also löse dich von der Illusion “ich habe noch Zeit”. Du hast keine Zeit, deinem Leben später Tiefe und Bedeutung zu geben.

Die Endlichkeit deiner Eltern ist deine Endlichkeit. Lass diesen Gedanken zu. Auf was würdest du zurückschauen, wenn dein Leben morgen zu Ende wäre? Ein erfülltes Leben mit Bedeutung oder ein Leben in der Wartehalle?

Morgen ist dein Leben nicht zu Ende, also nutze die Zeit. Jetzt!

 

Bildnachweis für diesen Beitrag: Meer, Wasser, Ozean © StockSnap (pixabay CC-0)

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