Bist du der Mensch, der du sein möchtest?
Lebst du das Leben, dass zu dir passt?
Keine leichte Kost
Diese Fragen sind nicht gerade „leichte Kost“. Gerade die erste Frage triggert in mir Selbstzweifel und Selbstverurteilung an. Ich könnte mich doch mehr anstrengen. Ich könnte ein besserer Mensch sein, wenn ich nur konsequenter wäre. Warum nehme ich mir nicht mehr Zeit für das, was mir wirklich wichtig ist? Warum bin ich oft zu bequem oder setze meine Prioritäten doch wieder anders?
Gerade vor den Abenteuern oder Projekten, die noch vor mir liegen, zögere ich. Bin ich schon gut genug vorbereitet? Kann ich es wirklich wagen, dieses Projekt anzugehen? Was ist, wenn ich dem nicht gewachsen bin?
Die Optimierungsfalle
Auf die erste Frage wäre meine erste spontane Antwort daher „Nein, ich bin (noch) nicht der Mensch, der ich sein möchte. Das geht noch besser.“ Mit Gedanken wie diesen festige ich alle Zweifel und Glaubenssätze. Mein jetziges Ich scheint noch nicht gut genug zu sein.
Es gibt so viele Ratgeber – auch im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, die suggerieren, erst wenn du dies erreicht hast, bist du gut genug. Aber gerade in der Werbung ist die Botschaft immer wieder eine Botschaft des Mangels:
- Du brauchst dieses neue Handy, diese Creme oder diese Schuhe, um glücklich zu sein.
- Erst wenn du ein bestimmtes Auto fährst, stellst du jemanden dar.
- Du musst sportlich sein. Nur wenn du 15 kg weniger wiegst, bist du attraktiv.
Mangel und Druck
Durch eine Gesellschaft, die vor allem auf den Mangel schaut, ist es noch schwerer, Glaubenssätze aus der Kindheit zu überwinden. Viele von uns tragen die Sätze der Kindheit noch im Kopf und wiederholen sie sich selber immer wieder. Das sind Sätze wie: Dafür bist du nicht schlau genug. Das schaffst du nicht. Auf dich haben sie gerade noch gewartet. Mit diesen Sätzen im Hinterkopf und dem Druck einer Gesellschaft, die auf die stetige Selbstoptimierung setzt, fällt ein Ja auf die erste Frage schwer.
Dabei gibt es nichts zu optimieren. Du bist immer der Mensch, der du gerade bist. Im Jetzt bist du die beste Version von dir selber. Du brauchst dich nicht zu optimieren.
Es gibt vielleicht eine Ahnung in dir, dass es mehr gibt, als momentan Raum hat in deinem Leben. Dein Herz flüstert dir vielleicht leise zu, dass du so viel mehr kannst, als du dir zutraust. Dafür brauchst du jedoch kein besserer Mensch zu werden. Es reicht, wenn du das, was in dir ist, zulässt. Höre auf, dir selber Grenzen zu setzen, an deinen Ideen und Träumen zu zweifeln. Es steht dir zu! Du hast das Recht glücklich zu sein und deine Träume zu verfolgen.
Die zweite Frage
Bei aller Unzufriedenheit und Mangeldenken gibt es in meinem Leben immer wieder diese magischen Momente. Momente, in denen die Zeit stillzustehen scheint und alles am richtigen Platz ist. Ich bin dann im Reinen mit mir selber und meinem Leben. Ich spüre: Ich bin genau dort, wo ich momentan sein soll. Ich lebe genau das Leben, das für mich passt. Mir begegnen in diesem Leben genau die Herausforderungen, an denen ich wachsen kann.
Das Gefühl, ich lebe genau das Leben, das für mich bestimmt ist, erlebe ich öfter. Das sind Momente des Innehaltens, in denen ich eine Verbundenheit spüre. Vielleicht hilft es, dass ich inzwischen nicht mehr so viel darauf gebe, was andere für mich für richtig halten. All das, was ich in den letzten Jahren erlebt und auch verändert habe, hat genau zu diesem Leben geführt, das ich jetzt lebe. Meine Kündigung, der berufliche Neustart in einem anderen Bereich und mein Traum eines eigenen Blogs führten alle zu dem Leben, das ich jetzt lebe.
Das Leben, das zu mir passt
Der Weg dorthin war nicht immer einfach. Und er ist es auch heute oft nicht. Ich bin meinem Herzen gefolgt. Und versuche es jeden Tag weiterhin zu machen. Doch die Gedanken, ich müsse noch besser sein, noch mutiger und konsequenter sein, kommen immer wieder.
Die Illusion, dass es eine bessere Version von mir gibt, führt immer wieder zu einem schlechtem Gewissen, weil ich mich nicht mehr anstrenge. Doch mit dem Blick auf mein Leben, fällt mir die Antwort auf die zweite Frage meistens leicht: Ja, ich lebe das Leben, das zu mir passt. Ich hätte mir auch ein anderes Leben für mich vorstellen können, eines mit vielen Kindern, einer großen Familie. Dieses Leben scheint jedoch für mich nicht vorgesehen zu sein. Das scheint nicht das Leben gewesen zu sein, das zu mir passt. Die Schwere, dass wir keine Kinder haben, zeigt sich ab und zu. Aber auch Schmerz und Schwere gehören zu dem Leben dazu. Und zu meinem Leben gehört diese dunkle Stelle dazu.
Verbundenheit mit dem Leben
Die Momente, in denen alles am richtigen Platz ist, sind für mich ganz wichtige Erlebnisse der Verbundenheit. Ich bin überzeugt davon, dass diese Momente unser eigentlicher Zustand sind. In der Verbundenheit spüren wir, dass wir genau der Mensch sind, der wir sein sollen. Es gibt nichts an uns zu optimieren und für diesen Moment ist unser Leben genau so, wie es sein sollte.
Und doch spüren wir immer wieder, eine Sehnsucht nach Veränderung. Wir haben Träume und sehnen uns nach kleinen Neuanfänge. Auch durch unsere Sehnsucht wird es immer wieder deutlich: Das Leben ist Veränderung. Und genau das brauchen wir in unserem Leben. Und durch Veränderungen kommen wir dem, was uns im Inneren bewegt näher. Wir brauchen dafür jedoch nicht mit materiellen Dingen im Außen zu versuchen, unsere Leere im Inneren zu überdecken und von einer Optimierungs-Idee zur nächsten zu rennen. Das führt zu weiterer Unzufriedenheit und dem Gefühl, nicht die beste Version von uns selber zu sein. Die Leere in uns möchte nicht überdeckt werden, sondern sie möchte mit Tiefe gefüllt werden.
In Verbundenheit mit mir und meinem Herzen verändert sich jedoch die Qualität des Wunsches nach Veränderung. Es geht nicht mehr um Selbstoptimierung, sondern darum, dem Leben Raum zu geben, damit es sich entfalten kann. In der Verbundenheit mit mir erfahre ich die Verbundenheit mit dem Leben selber.
Die Antworten auf die Fragen
Ich verrate dir etwas: Du brauchst keine Antwort auf die oben stehenden Fragen zu geben. Du brauchst dich noch nicht einmal mit diesen Fragen zu beschäftigen. In den Zeiten, in denen du dich mit dir selber und in deinem Leben wohlfühlst, sind diese Fragen irrelevant. Und in den anderen Zeiten kennst du die Antwort auf die Frage bereits. Im Inneren weißt du, wann eine Veränderung ansteht, wann du ein neues Projekt angehen kannst und wann etwas Neues Raum in deinem Leben bekommen soll.
Aber erlaubst du dir selber, diese Stimme in deinem Inneren zu hören?
Es ist dein Leben. Niemand hat dir zu sagen, was du verändern oder verbessern sollst. Niemand kann darüber urteilen, ob dein Leben das Leben ist, das zu dir passt. Aber den Weg zu einem Leben, mit dem du im Reinen bist, kannst nur du selber gehen. Nur du selber kannst erkennen und dir erlauben, dass du bereits die beste Version von dir selber bist. Auf die Stimme deines Herzens zu hören, kannst du nur du selber.
Bildnachweis für diesen Beitrag: Gras, Feld, Natur © Shapkasushami (pixabay CC-0)
Pingback:Inspirationsfunken - Mut zur Stille
Pingback:Du entscheidest - welcher Mensch möchtest du sein? - Mut zur Stille
Pingback:Bist du ein Glückssucher oder eine Glückssucherin? - Mut zur Stille
Pingback:Entscheidungswege - Welcher Mensch möchtest du sein?